Haie als Vorbild für Flugzeuge
Der Luftverkehr nimmt stetig zu und mit ihm der Energieverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß. Deshalb soll bis zum Jahr 2020 im europäischen Flugwesen der Treibstoffverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß um 50 Prozent sowie der Ausstoß von Stickoxiden um 80 Prozent gesenkt werden. Dieses Ziel gab das Advisory Council on Aeronautics Research in Europe (ACARE) seinen Mitgliedern, zu denen auch die Bundesrepublik gehört, vor, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Wie kann das gelingen?
An einer Lösung arbeitet Björn Feldhaus zusammen mit anderen Wissenschaftlern an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln, Projektleiter ist Professor Fritz Klocke. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt in ihrer Initiative „
Innovative Methoden zur Herstellung funktionaler Oberflächen“.
Die Wissenschaftler möchten Riblets, also spezielle Rillen, auf metallischen Werkstoffen für funktionale Oberflächen einsetzen, um Reibungswiderstände bei Flugzeugen zu verringern. Der Hai dient ihnen dabei als Vorbild. Durch die rillenförmige Struktur seiner Hautschuppen – den Riblets – minimiert er den Strömungswiderstand und gleitet auf der Jagd nach Beute mühelos durchs Wasser. Die Ingenieure arbeiten daran, die Riblet-Struktur zum einen für Verdichterschaufeln von Triebwerken, zum anderen für die Außenhaut von Flugzeugen nutzbar zu machen. Für sciencemovies haben sie ihre Arbeit mit der Kamera begleitet.
Oberflächen mit Rippenstruktur
Am
Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen untersuchen Björn Feldhaus und seine Kollegen die Herstellung von Riblets auf Triebwerkschaufeln. Die sogenannten Verdichterschaufeln bestehen aufgrund der hohen Belastungen im Triebwerk aus speziellen Titanlegierungen und zählen zu den sicherheitskritischen Bauteilen, deren Lebensdauer unter keinen Umständen gesenkt werden darf. Daher entwickeln die Ingenieure einen speziellen Walzprozess, mit dem die hochfeste Titanlegierung umgewandelt wird. Durch eine stufenweise Umformung der glatten Schaufeloberfläche in eine Oberfläche mit Riblets soll diese verfestigt werden.
Parallel zu den Forschungen am WZL entwickeln Wissenschaftler am
Institut für Bildsame Formgebung (IBF) der RWTH Aachen ein Walzverfahren, mit dem sich Aluminiumbleche mit Riblet-Struktur für die Außenhaut von Flugzeugen herstellen lassen. Eine besondere Herausforderung stellt die Fertigung der Riblet-Struktur auf der Walze dar. Zu diesem Zweck erarbeiten die Forscher ein innovatives Konzept zur Walzenstrukturierung. Dazu wird ein Stahldraht von geringem Durchmesser ähnlich wie bei einer Seilwinde um die glatte Walze gewickelt. Liegen die Drähte nach der Wicklung Schulter an Schulter, so weist die Oberflächenstruktur eine nahezu perfekte negative Ribletkontur auf.
Messung der Reibungswiderstände
Die Auslegung der Ribletgröße für Flugzeuge und Flugtriebwerke sowie die strömungstechnischen Untersuchungen zu den gewalzten Riblets finden am
Aerodynamischen Institut Aachen (AIA) statt. Bei Simulationen analysieren die Forscher, wie effizient die gewalzten Riblet-Strukturen sind. Entscheidend ist, dass die Höhe der Riblets zu den Strömungsgeschwindigkeiten passt. Als Faustregel gilt: Je schneller die Luft über einen Körper strömt, desto kleiner dürfen die Riblets ausfallen. Die Wissenschaftler bewegen sich hier im Mikrometerbereich, wobei ein Mikrometer einem Tausendstel Millimeter entspricht. Bei Flugzeugen müssen Riblets gerade einmal so groß sein wie ein Drittel der Dicke eines Menschenhaars – eine Herausforderung für die Ingenieure.
Vergleiche im Windkanal
Am
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln wird aufbauend auf diesen Erkenntnissen ein Verdichterschaufelprofil entwickelt, das speziell für Riblets ausgelegt ist und mit dem Walzprozess des Aachener Werkzeugmaschinenlabors strukturiert werden kann. Im Gitterwindkanal wollen die Forscher die strukturierten Verdichterschaufeln testen und sie mit unstrukturierten vergleichen. Mit geeigneten Messverfahren lässt sich somit die Reduktion der Reibungswiderstände direkt ermitteln.